Stress schadet unserer Geistlichkeit


Wer kennt sie nicht? Die südländische Gewohnheit, am Nachmittag oder frühen Abend auf der Bank vor dem Haus zu sitzen und einen gemütlichen Plausch mit den Nachbarn, Bekannten oder Freunden zu pflegen. Dieses Bild der Geselligkeit und Gelassenheit aus einem Dorf oder einer Kleinstadt haben wir alle zumindest im Urlaub gesehen. Für die meisten von uns ist das ein ungewohnter Anblick, denn die wenigsten von uns haben oder nehmen sich die Zeit für solche Treffen. Sie [meistens ältere Menschen] haben die Zeit, sich hinzusetzen und, wie wir heute auf neudeutsch sagen würden, Kommunikation zu betreiben.
Die meisten von uns machen es anders. Wenn wir mit Menschen kommunizieren wollen, benutzen wir dazu das gewöhnliche Telefon oder unser Mobiltelefon mit SMS-Funktion, E-Mails; die Jugendlichen nutzen Freundschafts-Plattformen oder soziale Netzwerke im Internet (Facebook, Stayfriends etc.), Chats und Foren usw... Heute muss alles schnell gehen. Die Arbeit, unsere Reisen, unsere Besuche, ja selbst unsere Freizeit ist ganz genau geplant und terminlich festgelegt, sodass wir am Abend meistens geschafft ins Bett fallen und froh sind, wenn alles oder zumindest der Großteil unserer Pläne erledigt ist. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir auch für Gott wenig Zeit haben.
Warum müssen wir so leben? Was steckt dahinter? Ist es nur ein beiläufiges Zeichen der Zeit? Welche Bedeutung hat der Text aus Jesaja 48, 12 für uns: „Aber die Gottlosen, spricht der Herr, haben keinen Frieden“? Was denken wir dabei? Vielleicht Folgendes: „Das gilt doch nicht für mich! Ich möchte mich nicht treiben lassen, aber die Umstände... Ich kann nichts dagegen machen.“
Wir erkennen, dass wir ohne Gott keine Wahl haben, da uns der Feind alles Guten fest im Griff hat. Der Stress dieser Welt ist Satans wirkungsvollste Waffe, um uns am Studium des Wortes Gottes, an Gemeinschaft mit unseren Nächsten und mit Gott zu hindern.

Satans bewusste Absicht

„Ich sah, dass Satan seinen Engeln gebot, ihre Fallstricke besonders für diejenigen zu legen, welche auf die Wiederkunft Christi warten und alle Gebote Gottes halten... ‚Aber‘, sagte er [Satan], ‚die Sekte der Sabbatisten hassen wir; sie wirken beständig gegen uns und nehmen uns unsere Untertanen weg, um das verhasste Gesetz Gottes zu halten. Geht und erfüllt diejenigen, welche Ländereien und Geld besitzen, mit Sorgen. Wenn ihr sie dahin bringen könnt, ihre Neigungen diesen Dingen zuzuwenden, so können wir sie doch bekommen. Sie mögen bekennen, was sie wollen, lasst sie nur mehr Sorge tragen für ihr Gold als für den Fortschritt des Reiches Christi oder die Ausbreitung der Wahrheiten, die wir hassen. Führt ihnen die Welt in dem günstigsten Lichte vor, damit sie dieselbe lieben und vergöttern. Wir müssen alle Mittel, über welche wir Macht erlangen können, festhalten.“ – Erfahrungen und Gesichte, S. 259.
Satan ist jedes Mittel recht, um uns daran zu hindern, das für uns so notwendige Vorbereitungswerk zu tun. Er weiß, dass Gottes Volk angehalten ist, fleißig und gewissenhaft zu arbeiten. Und so paradox es klingt: Gerade das nutzt er aus. Was an sich eine Tugend ist, wird uns zum Verhängnis. So schrieb Schw. White bereits zu ihrer Zeit über ein Ehepaar folgendes:
„Bruder und Schwester D haben häusliche Pflichten vernachlässigt. Sie waren trunken von den Sorgen dieses Lebens. Arbeit, Hast und Stress sind an der Tagesordnung, und ihre völlig weltliche Gesinnung hat ihren prägenden Einfluss auf ihre Kinder, auf die Gemeinde und die Welt ausgeübt. Es ist das Beispiel derer, welche die Wahrheit in Ungerechtigkeit aufhalten, durch welches die Welt verdammt wird.“ – Zeugnisse, Bd. 4, S. 470.
Die Schlüsselkinder dieser Welt, also diejenigen, die den Wohnungsschlüssel um den Hals gehängt bekommen und sich nach der Schule alleine versorgen müssen, wenn sie nach Hause kommen, beweisen allzu oft, dass übermäßiges Arbeiten und Kindererziehung nicht reibungslos zusammen funktionieren.
Doch genau das möchte die Welt. Die Mütter sollen ihre Kinder nicht mehr erziehen, sondern arbeiten gehen. Satan will die Kinder so früh wie möglich, also am besten schon als Säuglinge in Krippen, später in Kindergärten und ähnlichen Betreuungsmodellen unter seine Fittiche nehmen, um sie zu seinen Bedingungen zu erziehen. Später wundert man sich, dass die Gesellschaft, die sich aus solchen Kindern zusammensetzt, weder Moral noch Anstand oder Benehmen kennt, noch irgendjemanden respektiert. Satan hat sein Ziel erreicht.

Stress verzehrt die geistliche Gesinnung

Einer der Hauptgründe, warum die Geistlichkeit unter uns zu sinken droht, ist die Tatsache, dass unsere Verbindung zum Himmel auf gelegentliche Augenblicke bei den Morgen- und Abendandachten oder kurzen Gebeten beschränkt ist. Nicht selten wird sogar das ausgelassen. Doch würden wir nach dem Rat des Geistes der Weissagung handeln, würden wir mehr von Gottes Schutzschirm, der durch Gebet und Übergabe über uns ausgespannt wird, verstehen.
„Die Zeit der Morgen- und Abendandacht sollte die trauteste und segensreichste des Tages sein... Das Studium der Bibel erfordert unsere angestrengtesten Bemühungen und Ausdauer im Denken. Wie der Bergmann nach dem Goldvorkommen in der Erde gräbt, so ernsthaft und beharrlich müssen wir nach dem Schatz des Wortes Gottes suchen... Eine der Hauptursachen geistiger Unfähigkeit und sittlicher Schwäche liegt in mangelnder Zielstrebigkeit.“ – Erziehung, S. 174. 175.
Oft ist es hingegen ganz anders. Die Geschäftigkeit dieser Welt, in der wir leben, nimmt uns ganz in Anspruch. Auch wir Kinder Gottes gehen oft „mit der Zeit“ und lassen uns vom Sog dieser Falle Satans mitreißen.
„Menschen handeln, als seien sie ihrer Vernunft beraubt. Sie sind unter den Sorgen dieses Lebens begraben. Sie haben keine Zeit für Gott übrig, keine Zeit, ihm zu dienen. Arbeit, Arbeit, Arbeit ist die Losung für den Tag.“ – Zeugnisse, Bd. 2, S. 651.
„Hütet euch aber, dass eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung und komme dieser Tag schnell über euch.“ (Lukas 21, 34.)
Das tückische an der Gefahr ist, dass sie oft nicht erkannt wird. Wer sich in Sicherheit wähnt, kümmert sich nicht um die Gefahren. Und genau das möchte der Feind erreichen.

Überforderung unserer Kräfte fördert das Böse

„So lasset uns nun fürchten, dass wir die Verheißung, einzukommen zu seiner Ruhe, nicht versäumen und unser keiner dahinten bleibe.“ (Hebräer 4, 1.)
Wer hat es noch nicht erlebt, dass er unter Stressbedingungen ungerecht, hart und lieblos reagieren kann? Hier ein Beispiel:
Als ein Vater nach einem langen Arbeitstag nach Hause kam, warteten dringende Renovierungsarbeiten auf ihn. Er hatte sich nämlich vorgenommen, jeden Abend noch ein wenig an der Verschönerung des kurz zuvor erworbenen Heimes zu arbeiten, um Kosten zu sparen. Also legte er seinen Anzug ab und streifte sich seine Arbeitskleidung über. Sein 5-jähriger Sohn freute sich, dass Papa nun mit dem Streichen seines Zimmers weitermachte, so dass er bald sein eigenes kleines Reich bekommen konnte. Um eine provisorische Beleuchtung an der Wand anzubringen, wollte der Vater einen Nagel in die Wand schlagen, so dass er auch in den dunklen Stunden des Abends arbeiten konnte. Der Junge schaute neugierig zu, was Papa da machte. Er kam zu ihm und stellte sich neben die Leiter. Nachdem der Vater eine Weile hektisch nach dem passenden Nagel gesucht hatte, fing er an, den Nagel in die Wand zu schlagen. Da das Licht aus dem Flur nicht so recht ausreichte und er noch dazu übermüdet war, verfehlte er bei einem Schlag den Nagel und traf seinen Finger. Voller Schmerz schrie er auf und sprang von der Leiter, drehte sich wutschnaubend zu seinem Sohn um und scheuchte ihn mit der Begründung aus dem Zimmer, er würde ihn ablenken und stören. Der Junge wusste gar nicht, wie ihm geschah, und fing an zu weinen. Nun erkannte der Vater seinen Fehler, und seine Worte taten ihm leid. Doch der Junge musste das ausbaden, was er nicht verdiente.
Handeln wir auch manchmal so? Sind immer andere schuld, nur wir nicht? Wenn ja, dann sollen wir uns daran erinnern, dass dies die zweite Sünde des Menschengeschlechts war und wir immer noch in der Gefahr sind, sie zu wiederholen. Als Adam und Eva nach dem Sündenfall von Gott zur Rechenschaft gezogen wurden, schob Adam sein Versagen auf die Frau und diese wiederum auf die Schlange und damit letztendlich auf Gott.
„Alle zänkischen, unfreundlichen, ungeduldigen und ärgerlichen Worte sind ein Opfer, das wir seiner teuflischen Majestät darbringen. Und das ist ein kostspieliges Opfer, kostspieliger als irgendeine Gabe, die wir Gott opfern können, denn es zerstört den Frieden und das Glück ganzer Familien, untergräbt die Gesundheit und ist unter Umständen für den Verlust der Glückseligkeit des ewigen Lebens verantwortlich.“ – Zeugnisse, Bd.1, S. 332.

Zeit für Gott

„Der Herr möchte, dass die Menschen sich Zeit nehmen zur Ruhe, zum Nachdenken und zur Würdigung himmlischer Dinge. Wer diese nicht gebührend zu schätzen weiß, indem er sich Zeit für sie lässt, wird am Ende alles verlieren.“ – Bibelkommentar, S. 190.
„Betreibt planmäßiges Studium der Schrift in euren Familien. Unterlasst lieber alle anderen Dinge weltlicher Natur, seien es unnötige Nähereien oder überflüssige Vorkehrungen für die Mahlzeiten; aber habt die Gewissheit, dass die Seele mit dem Brot des Lebens versorgt ist. Wir vermögen nicht den großen Wert und die segensreichen Folgen von nur einer oder einer halben Stunde ermessen, die täglich dem gemeinsamen Studium des Wortes Gottes gewidmet ist. Macht die Bibel zu ihrem eigenen Ausleger; bringt alle Texte zusammen, die einen gewissen Gegenstand zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Umständen behandeln.“ – Ratschläge für das Sabbatschulwerk, S. 37.
Es ist uns leider viel zu selten bewusst, dass jeder Tag und jede Stunde unseren Charakter formen und entweder für den Himmel oder für den ewigen Tod vorbereiten. Im Stress und in der Hektik des Tages vergessen wir oft die eigentliche Bestimmung unseres Lebens. Obwohl wir in dieser Welt leben, ist sie doch nicht unsere Heimat. Leider stellen viele erst am Ende ihres Lebens fest, dass die ganze Rennerei und die Eile ihnen doch nicht mehr freie Zeit gebracht hat.
„Eure Prüfungszeit ist verlängert worden, jetzt formt ihr euren Charakter, und bald, mein lieber Bruder und meine Schwester, wird er für immer festgelegt sein. Halbherziges Werk wird euch den Himmel nicht einen Schritt näher bringen. Unentschlossenheit artet bald in Entschlossenheit für die falsche Richtung aus. Viele entscheiden sich, dem eigenen Ich und Satan zu dienen, indem sie keine entschiedene Anstrengungen machen, ihre Charakterfehler zu überwinden. Während viele ihre sündigen Neigungen hegen und erwarten, sie irgendwann einmal zu überwinden, entscheiden sie sich fürs Verderben.“ – Zeugnisse, Bd. 4, S. 374.
In Kolosser 2, 18 ist uns eine weitere besondere Warnung gegeben: „Lasset euch niemand das Ziel verrücken, der nach eigener Wahl einhergeht in Demut und Geistlichkeit der Engel, davon er nie etwas gesehen hat, und ist ohne Ursache aufgeblasen in seinem fleischlichen Sinn.“

Was ist mir wichtig?

Die Antwort auf diese Frage geben wir jeden Tag mit unserem Leben. Unsere täglichen Entscheidungen offenbaren, ob wir Kinder des Lichts oder der Finsternis sind. Es bedarf keiner großen Bekundungen und Äußerungen; man kann an unserem Leben sehen, was uns wichtig ist.
„Wir leben in dem ernstesten Abschnitt der Geschichte dieser Welt. Das Schicksal der auf der Erde geschäftig dahintreibenden Menschenmassen steht im Begriff, entschieden zu werden. Unser eigenes zukünftiges Wohl und auch das Heil anderer Seelen hängt davon ab, welchen Weg wir jetzt einschlagen. Wir bedürfen der Leitung des Geistes der Wahrheit. Jeder Nachfolger Christi muss ernstlich fragen: Herr, was willst du, dass ich tun soll?“ – Der große Kampf, S. 602.
Die Entscheidung für Gott ist keine einmalige Sache. Täglich entscheiden wir uns, wem wir dienen wollen. Mag sein, dass wir mit den besten Absichten an unsere Aufgaben herangehen, aber wenn wir darin nicht Gottes Willen erfüllen, dient es doch nur uns selbst. „Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles in dem Namen des Herrn Jesu, und danket Gott und dem Vater durch ihn.“ (Kolosser 3, 17.)
„Das Ideal Gottes für seine Kinder übertrifft den höchsten Gedankenflug des Menschen. Frömmigkeit, Gottähnlichkeit: Dieses Ziel soll erreicht werden. Vor jedem Lernenden liegen die Möglichkeiten zu ständigem Fortschritt. Er soll ein Ziel erreichen, eine Entwicklungsstufe, die alles Gute, Reine und Edle in sich beschließt. Er wird auf allen Gebieten echten Wissens so schnell und so weit wie möglich vorwärtsschreiten. Dabei werden seine Bemühungen auf Dinge gerichtet sein, die von selbstsüchtigen und irdischen Interessen so weit entfernt sind wie der Himmel von der Erde.“ – Ruf an die Jugend, S. 26.
Wer sich hier auf Erden Schätze sammelt, braucht keine im Himmel. Man kann nicht beides haben, auch wenn man es sich noch so sehr wünscht. Gott möchte, dass wir uns für ihn entscheiden. Was wirst du tun?