Eine die Welt beunruhigende Persönlichkeit

Vor nicht zu langer Zeit stellte ein Redner die Behauptung auf, dass Christus die beunruhigendste Persönlichkeit sei, welche die Welt je gesehen habe. Aller Wahrscheinlichkeit nach erkannte der Sprecher selbst kaum die volle Bedeutung seiner Bemerkung. Was er sagte, ist jedoch vollkommen wahr, wenn wir das Leben und Wirken des Erlösers der Welt studieren.

Schon als unschuldiges Kind bei seiner Geburt in Bethlehem konnte das festgestellt werden. Der gottlose König Herodes wurde durch die Nachricht von seiner Geburt so alarmiert und beunruhigt, dass er sich entschloss, das Kind zu töten. Das Resultat seines Anschlags war der Mord an vielen unschuldigen Kindern.

„Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehöret, viel Klagens, Weinens und Heulens; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen.“ (Matthäus 2, 18.)
Im Alter von zwölf Jahren begleitete Jesus seine Mutter und Josef nach Jerusalem. Während dieses Aufenthaltes saß er bei den Lehrern und gelehrten Doktoren des Gesetzes, stellte und beantwortete Fragen und setzte diese weisen Männer durch seine Schriftkenntnis in Erstaunen. Sie waren nicht nur erstaunt, sondern auch sehr beunruhigt über die neue Bedeutung, die er den alttestamentlichen Texten, die auf den Messias hinwiesen, beilegte.

Wären sie dem Licht, das sie zu jener Zeit erhielten, gefolgt, dann wäre die Geschichte des jüdischen Volkes ganz anders verlaufen.

Sogar beim Spielen als junges Kind beunruhigte Jesus seine Spielkameraden, wie der folgende Abschnitt zeigt:
„Manche suchten seine Gesellschaft; denn sie fühlten sich bei ihm geborgen. Viele jedoch mieden ihn, weil sie sich durch sein makelloses Leben getadelt vorkamen. Seine jugendlichen Kameraden drängten ihn, so zu leben wie sie. Sie hielten sich gern in seiner Nähe auf, weil er heiter und fröhlich war, und sie freuten sich über seine Anregungen. Seine Gewissensbedenken wiesen sie jedoch mit Ungeduld zurück und behaupteten, er sei engherzig und verbohrt. Auch darauf lautete Jesu Antwort: Es steht geschrieben: ‚Wie wird ein junger Mann seinen Weg unsträflich gehen? Wenn er sich hält an deine Worte… Ich behalte dein Wort in meinem Herzen, damit ich nicht wider dich sündige.‘ (Psalm 119, 9. 11.) Oft fragte man ihn: Warum willst du eigentlich in allen Dingen unbedingt anders sein als wir?“ – Das Leben Jesu, S. 72.

Bevor der Erlöser seine Mission begann, waren Satan und sein gottloses Heer so alarmiert und beunruhigt, dass der Fürst der Finsternis die äußersten Anstrengungen machte, ihn, wenn möglich, zu Fall zu bringen. In der Wüste trat er mit einer dreifachen Versuchung an ihn heran. Er wurde jedoch abgewiesen, weil Jesus auf seine Vorschläge mit Worten aus der Heiligen Schrift antwortete (siehe Matthäus 4, 1-10.)

Wohin Jesus auch ging, seine unbefleckte Reinheit beunruhigte verhärtete Sünder. Das Gewissen vieler, welche bis dahin in fleischlicher Sicherheit geschlafen hatten, wurde erweckt. Viele fingen bewegt an zu fragen: „Was sollen wir tun, dass wir selig werden?“ Seine Rede war gewaltig, wenn er zu ihnen sprach. Überzeugung erfasste die Sünder, und sie erkannten, dass sie eines Erlösers bedurften. Alle, die mit Jesus in Berührung kamen, waren danach nie mehr dieselben. Die Samariterin, die zum Jakobsbrunnen kam, um Wasser zu schöpfen, wie sie es oftmals zuvor getan hatte, hatte keine Ahnung, dass dieser Tag so gänzlich anders sein sollte. Der Fremde, der auf dem Brunnenrand saß, erschien nur wie ein müder Reisender; aber die Unterhaltung, die sich entwickelte, rüttelte ihr ganzes Wesen sehr tief auf. Sie vergaß ihren Wasserkrug und rannte in die Stadt zurück, um den Leuten zu sagen: „Kommt, sehet einen Menschen, der mir gesagt alles, was ich getan habe, ob er nicht Christus sei!“ (Johannes 4, 29.) Dann kamen die Leute aus der Stadt, um Jesus zu sehen, und als sie ihn gehört hatten, legten sie dieses Zeugnis ab: „Wir glauben nun hinfort nicht um deiner Rede willen; wir haben selber gehört und erkannt, dass dieser ist wahrlich Christus, der Welt Heiland.“ (Vers 42.)

Sogar als Jesus sterbend zwischen zwei Dieben am Kreuze hing, wurde einer von ihnen so von seinem sündhaften Zustand überzeugt und derart beunruhigt, dass er ausrief: „Herr, gedenke an mich; wenn du in dein Reich kommst!“ (Lukas 23, 42.) Wie erstaunlich ist doch diese beunruhigende Wirkung, welche Christus auf die Seele des Sünders ausübt, wenn er dadurch dahin geführt wird, seinen verlorenen Zustand zu erkennen!

Als Jesus mit lauter Stimme rief: „Vater ich befehle meinen Geist in deine Hände!“, wurde der Hauptmann am Fuße des Kreuzes bewegt, durch seinen Ausruf Gott zu verherrlichen: „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!“ (Matthäus 27, 54.)

Seit seinem Tode und der Auffahrt zum Himmel hat das Leben Christi und das Evangelium der Erlösung mit der damit verbundenen Einladung an Sünder unablässig an ihren Gemütern gewirkt, beunruhigt und erweckt. Manche waren willig auf den Felsen zu fallen, zu zerschellen und zu neuem Leben aufzuerstehen. Andere jedoch, wie die Schriftgelehrten und Pharisäer, obgleich beunruhigt, verhärteten ihre Herzen gegen die Überzeugung,  bis der Geist Gottes nicht mehr länger für sie eintreten konnte. (Siehe Matthäus 21, 44.)

Als wir zuerst, zusammen mit anderen, die Wahrheit hörten, wurden wir beunruhigt. Diese Beunruhigung dauerte so lange, bis wir unsere Entscheidung getroffen hatten, die mächtige und überzeugende Botschaft anzunehmen. Dann kehrte „der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft“ (Philipper 4, 7) in unsere Herzen ein.

Wenn wir heute mit Ungläubigen in Berührung kommen, müssen wir feststellen, dass sie nur dann bei guter Laune bleiben, wenn sich die Unterhaltung um alltägliche Dinge dreht. Erwähnen wir aber den Namen Christi, dann werden sie unruhig, und gewöhnlich folgt darauf ein kaltes Schweigen. Sie sind sich bewusst, dass Christus und das Evangelium ihre Wege in vielerlei Weise durchkreuzen. Die Vergnügungssüchtigen, die Besucher des Kinos, des Theaters, der Tanz- und Spielsäle, der Gasthäuser, der Sportarenen und anderer Vergnügungsplätze, sind sich wohl bewusst, dass Christus nicht an diesen Plätzen zu finden sein kann; der Gedanke, diese Dinge um des Evangeliums willen aufgeben zu müssen, ist für sie äußerst beunruhigend.

Der Apostel Paulus und seine Mitarbeiter predigten das Evangelium mit einer solch beunruhigenden Macht, dass von ihnen gesagt wurde: „Diese, die den ganzen Weltkreis erregen, sind auch hergekommen.“ (Apostelgeschichte 17, 6.) Wenn der Spätregen auf die Kinder Gottes ausgegossen wird, wird die letzte Gnadenbotschaft an eine gefallene Welt eine derartige erweckende und gleichzeitig beunruhigende Wirkung auf die Zuhörer ausüben, dass sie eine ganz klare Entscheidung treffen müssen, entweder für oder gegen Christus.

Eilends gehen wir jetzt diesem letzten Drama in der Geschichte der wimmelnden Völkermassen der Erde entgegen. Jeder Einzelne wird sein Schicksal im vollen Bewusstsein der damit verbundenen Folgen entscheiden.

Diejenigen, die Christus verwerfen, werden zu einem solchen Grade mit ihren Götzen verbunden bleiben, dass sie in der letzten großen Vernichtung eher über diese weinen und heulen als über ihren verlorenen Zustand. Sie werden sagen: „Weh, weh, die große Stadt, in welcher reich geworden sind alle, die da Schiffe im Meer hatten, von ihrer Ware! Denn in einer Stunde ist sie verwüstet“ (Offenbarung 18, 19), und ihre letzten Gedanken werden sein: „Wer ist gleich der großen Stadt?“ (Offenbarung 18, 18.)

Wie eine mächtige Posaune verkünden die letzten Zeichen der Zeit, dass das Urteil über diese empörerische Welt im Himmel ausgesprochen worden ist. Vergeblich sind alle Hoffnungen und alle Wünsche nach Besserung. Der Teufel zeigt auf jede Weise, dass er entschlossen ist, diese Welt zu regieren; seine grausame Herrschaft ist aber nur sehr kurz, somit geht auch die Gnadenzeit ihrem Ende schnell entgegen. Wenn Christus sein Priesteramt niederlegen wird, ist die Entscheidung für die ganze Menschheit gefallen. Alsdann werden sich traurige Szenen unter den Menschen auf der ganzen Erde ereignen.

„Dann sah ich, wie Jesus sein priesterliches Gewand ablegte und königliche Kleider antat. Auf seinem Haupte waren viele Kronen, eine Krone in der anderen. Umgeben von himmlischen Engeln verließ er den Himmel. Die Plagen fielen auf die Bewohner der Erde. Einige klagten Gott an und verfluchten ihn; andere eilten zum Volke Gottes, um belehrt zu werden, wie sie seinen Gerichten entkommen könnten. Aber die Heiligen hatten nichts für sie. Die letzte Träne für Sünder war geflossen, das letzte ergreifende Gebet gesprochen, die letzte Last getragen und die letzte Warnung gegeben. Die süße Gnadenstimme lud sie nicht mehr ein zu kommen. Als die Heiligen und der ganze Himmel für ihr Seelenheil interessiert waren, hatten sie kein Interesse dafür gehabt. Leben und Tod war ihnen vorgelegt worden; manche sehnten sich nach dem Leben, machten jedoch keine Anstrengungen, es zu erlangen. Sie hatten das Leben nicht gewählt, und jetzt war kein sühnendes Blut da, ihre Schuld zu tilgen, kein mitleidiger Heiland, der für sie bat und rief: ‚Schone, schone den Sünder noch ein wenig länger.‘ Der ganze Himmel hatte sich mit Jesu vereinigt, als sie die furchtbaren Worte vernommen hatten: ‚Es ist geschehen. Es ist vollendet.‘ Der Heilsplan war ausgeführt worden, aber nur wenige hatten ihn angenommen. Als nun die süße Stimme der Gnade verhallte, ergriffen Furcht und Schrecken die Gottlosen. Mit schrecklicher Bestimmtheit vernahmen sie die Worte: ‚Zu spät, zu spät!‘“ – Erfahrungen und Gesichte, S. 274.

So werden die Lüste und die Gottlosigkeit dieser gegenwärtigen argen Welt auf ewig vergehen; diejenigen aber, die den Willen Gottes tun und ihrem Gewissen erlaubt haben, durch das Wirken des Heiligen Geistes beunruhigt zu werden, werden ewig bleiben.

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