Irdisch oder himmlisch gesinnt?
„Folget mir, liebe Brüder, und sehet auf die, die also wandeln, wie ihr uns habt zum Vorbilde. Denn viele wandeln, von welchen ich euch oft gesagt habe, nun aber sage ich auch mit Weinen, dass sie sind die Feinde des Kreuzes Christi, welcher Ende ist die Verdammnis, welchen der Bauch ihr Gott ist, und deren Ehre zu Schanden wird, die irdisch gesinnt sind. Unser Wandel aber ist im Himmel, von dannen wir auch warten des Heilands Jesu Christi, des Herrn, welcher unsern nichtigen Leib verklären wird, dass er ähnlich werde seinem verklärten Leibe nach der Wirkung, mit der er kann auch alle Dinge sich untertänig machen.“ (Philipper 3, 17-21.)
An wen richtet der Apostel Paulus diese Worte? Warum war er darüber so traurig? Meinte er die Ungläubigen in dieser Welt? Nein, er sagt: „liebe Brüder“! Er spricht zu denen, die sich zum Evangelium Jesu Christi bekannt haben und sich haben taufen lassen. Wovor warnte Paulus die Gemeinde? Wie sollte die Gesinnung sein? In welche Richtung sollten unsere Gedanken gehen? Er nennt es „himmlisch gesinnt sein“: Unser Wandel sollte im Himmel sein. Unser Sehnen, unsere Worte, unsere Taten sollten nach dem Himmel gerichtet sein.
Satan ist unablässig am Wirken. Er kämpft um jede einzelne Seele. Er zeigt jedem Gläubigen die Reiche dieser Welt, wie damals bei Jesus, und lockt sie mit allen möglichen Vorteilen, die sie in dieser Welt erreichen können. Die Versuchungen sind unendlich.
Wir sollten uns hüten, dass wir die irdischen Belange, wie Beruf, Arbeit, Kleidung, Essen, Trinken oder Feiern zur Hauptsache machen. Der Feind hatte bei den Menschen damit meistens Erfolg. Der Apostel warnt uns vor solch einer irdischen Gesinnung, und der Heiland sagt: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen“ (Matthäus 6, 33), und: „Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme Schaden an seiner Seele? Oder was kann der Mensch geben, damit er seine Seele wieder löse?“ (Matthäus 16, 26.)
Wir sollen die irdischen Güter so gebrauchen, dass wir sie nicht missbrauchen, dass wir unser Herz nicht daran hängen, denn das Wesen dieser Welt vergeht.
Es ist eine alte Wahrheit: „Was der Mensch sät, das wird er ernten. Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten. Wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten.“ (Galater 6, 8.) Davon spricht auch der Apostel. Das Ende derer, die irdisch gesinnt sind, ist die Verdammnis. Das Ende derer, die himmlisch gesinnt sind, ist das ewige Leben.
Darum sollen wir uns doch ein jeder prüfen und erforschen, ob wir himmlisch oder ob wir irdisch gesinnt sind. Denn davon hängt es ab, ob wir einst selig werden oder ob wir ewig verloren gehen.
Wir wollen bei der Betrachtung unserer Eingangverse Antwort geben auf die Frage: Sind wir irdisch oder himmlisch gesinnt?
Betrachten wir zuerst die irdische Gesinnung.
Der Apostel schreibt: „Denn viele wandeln, von welchen ich euch oft gesagt habe, nun aber sage ich auch mit Weinen, dass sie sind die Feinde des Kreuzes Christi, welcher Ende ist die Verdammnis, welchen der Bauch ihr Gott ist, und deren Ehre zu Schanden wird, die irdisch gesinnt sind.“ (Philipper 3, 18. 19.)
Es sind also nicht wenige, sondern viele, die irdisch gesinnt sind und den Weg wandeln, der schon hier mit Schmach und Schande und dort mit der ewigen Verdammnis endet. Ganz dasselbe hat uns auch der Herr Jesus in seiner Bergpredigt gesagt. Er warnt uns davor, auf dem breiten Weg zu wandeln, denn dieser führt zur Verdammnis.
Die Wanderer auf dem breiten Weg unterscheiden sich sehr in ihrer äußeren Stellung im Leben. Die einen sind reich, die anderen arm. Die einen wohnen in schönen stattlichen Häusern, die anderen in armseligen Hütten. Die einen haben feine, kostbare Kleider an, die anderen gehen in geflickten Kleidern und Lumpen umher. Die einen haben viel gelernt und werden von den Leuten für sehr gelehrt und gescheit gehalten, die andern sind einfältig und ohne viel Verstand. Aber darin sind sie einander alle gleich: Sie sind irdisch gesinnt, sie hängen ganz an dem Irdischen, an dem Zeitlichen, an dem Vergänglichen. Ihr Gott ist ihr Bauch, und sie trachten nach solcher Ehre, die mit Schande und Verdammnis endet.
Der Apostel sagt, dass sie wandeln als Feinde des Kreuzes Christi, weil sie sich durch Christi Blut nicht zu einem neuen, Gott wohlgefälligen Leben heiligen und reinigen lassen wollen. Sie wissen wohl, dass sie mit ihren Sünden Gottes Zorn und Strafe verdient haben, sie wissen auch, dass Christus für ihre Sünden am Kreuz gestorben ist, aber sie wollen an den Gekreuzigten glauben und dabei in ihren Sünden bleiben.
Die Heilige Schrift sagt: Wer mutwillig in Sünden dahinlebt, der achtet das Blut des Testaments unrein, durch welches er geheiligt ist, schmäht den Geist der Gnade und fordert Gottes Rache und Vergeltung heraus (vgl. Hebräer 10, 29.). Denn alle, die Christus angehören, die müssen ihr Fleisch kreuzigen samt den Lüsten und Begierden. Die das nicht tun, sind Feinde des Kreuzes Christi, wenn sie gleich sich zu ihm mit ihrem Munde bekennen und die christlichen Gottesdienste mitmachen.
Paulus sagt von ihnen, dass sie nicht dem wahren, lebendigen Gott dienen, sondern ihr Gott ist ihr Bauch. Die Welt ist voll gottloser Bücher, die durch die Eingebung Satans geschrieben sind, um die Leute an der Bibel und an den Zeugnissen irre zu machen. Die Bibel verlangt Buße und Kreuzigung des Fleisches. Das gefällt vielen nicht; darum werden die Bibel und die Zeugnisse so wenig gelesen, denn darin ist ein anderer Geist.
Die Gräber auf dem Friedhof predigen es uns laut und vernehmlich, dass wir hier keine bleibende Stätte haben und darum die zukünftige suchen sollen. Ach, wir bringen unser Leben meist so zu, als ob wir hier noch sehr lange zu leben hätten oder der Heiland noch lange nicht käme, und doch sind unsere Tage gezählt, und jede Stunde kann die letzte unseres Lebens sein. Darum sollen wir doch nicht leichtsinnig in den Tag hinein leben, sondern die ernsten Worte des Apostels bedenken, die er uns in unserem Text zuruft: „Die Ehre der irdisch Gesinnten wird zuschanden, und ihr Ende ist die Verdammnis.“ (Philipper 3, 19.)
Das sind Worte, die uns wie ein zweischneidiges Schwert durch Mark und Bein dringen sollten. Diese Worte sagt uns der Apostel mit Tränen in den Augen. Er hat sie einst in seinem Gefängnis zu Rom niedergeschrieben, weil es ihm Leid tat um alle die Seelen, die in ihrer irdischen Gesinnung verloren gehen. Darum sollen wir auf die Stimme unseres Heilandes hören, der vor der Herzenstüre steht und anklopft und mit uns das Abendmahl feiern will. Noch streckt er seine Arme nach uns aus, um zu retten und selig zu machen, was verloren ist. Er will uns nicht nur unsere Sünden vergeben, er will uns auch ein neues Herz und einen neuen Geist in uns geben und will solche Leute aus uns machen, die in seinen Geboten wandeln, seine Rechte halten und danach tun. (vgl. Hesekiel 36, 26. 27.) Wer sich von seinem Geiste leiten und regieren lässt, der führt einen himmlischen Wandel.
Betrachten wir nun die himmlische Gesinnung.
Paulus schreibt: „Unser Wandel aber ist im Himmel, von dannen wir auch warten des Heilands Jesu Christi, des Herrn, welcher unsern nichtigen Leib verklären wird, dass er ähnlich werde seinem verklärten Leibe nach der Wirkung, mit der er kann auch alle Dinge sich untertänig machen.“ (Philipper 3, 20. 21.)
Das ist das Bekenntnis eines Jüngers Jesu, der sich von dem Irdischen abgewandt und dem Himmlischen zugewandt hat. Es heißt: „Unser Wandel ist im Himmel.“ Denn wir sind Christi Eigentum, der vom Himmel zu uns gekommen ist und uns durch sein Leben und Sterben, durch seine Auferstehung und Himmelfahrt den Eingang ins Himmelreich eröffnet hat. Wo er ist, dorthin sollen auch wir gelangen – aber doch nur dann, wenn wir den Weg wandeln, den er uns gewiesen hat und den er uns vorausgegangen ist.
Christi Weg in dieser Welt war ein schwerer Leidens- und Kreuzesweg. Es ging bei ihm immer tiefer hinab in die Erniedrigung, in unaussprechliche Schmach und Pein, bis er unter den größten Martern und Qualen an dem Schandpfahl des Kreuzes seinen Geist aufgab. Aber sein Wandel war ein himmlischer, denn er war frei von allem Irdischen, und er ist seinen Weg immer im Gehorsam, im Einklang mit dem Willen seines Vaters gegangen.
Diesen Weg sind auch die Apostel gegangen. Paulus schreibt: „Folget mir, liebe Brüder, und sehet auf die, die also wandeln, wie ihr uns habt zum Vorbilde.“ (Philipper 3, 17.) Paulus war einst auch ein Feind des Kreuzes Christi. Aber er blieb nicht ein Feind des Gekreuzigten. Er kehrte um von diesem Weg, und als er den Gekreuzigten kennen gelernt hatte, da sagte er „Es sei aber ferne von mir, mich zu rühmen, denn allein von dem Kreuz unsers Herrn Jesu Christi, durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.“ (Galater 6, 14.) Das Irdische achtete er für nichts, nur um Christum zu gewinnen. Seine Augen waren gen Himmel gerichtet, denn von dort wartete er des Heilandes Jesu Christi, von dem er sagt, „dass er unsern nichtigen Leib verklären wird, dass er ähnlich werde seinem verklärten Leibe, nach der Wirkung, damit er kann auch alle Dinge ihm untertänig machen.“ (Philipper 3, 21.)
Was Paulus und die anderen Apostel erwartet und gehofft haben, das werden sie bei der Auferstehung bekommen. Es wird ihnen die Krone der Gerechtigkeit beigelegt. Auch wir werden, wenn wir treu sind, mit dem weißen Kleid der Gerechtigkeit auferstehen und das Lied unserer Erfahrung singen.
Wie elend ist doch der Mensch, der nichts andres hat als nur das Irdische und Zeitliche, und wie selig ist der Mensch, der sich hier nur als Fremdling und Pilgrim fühlt und seine Heimat im Himmel hat!
Bist du arm, musst du hier Not und Mangel leiden. Siehe, im Himmel hast du einen ewigen, unvergänglichen Schatz, den die Diebe nicht stehlen und den Motten und Rost nicht verzehren können. Der arme Lazarus war reich bei all seinem Elend, der reiche Mann war arm bei aller Fülle seiner zeitlichen Güter.
Musst du hier dein Leben in beständiger Unruhe zubringen, siehe, wenn du himmlisch gesinnt bist, dann kannst du dich damit trösten, dass du einmal in die ewige Ruhe eingehen wirst, die Gott seinem Volk bereitet hat.
Ist dein Weg hier im Leben ein Leidens- und Trübsalsweg, sei getrost, er wird bald ein Ende nehmen, und dort wirst du erfahren, dass alle Leiden dieser Zeit nicht wert sind der Herrlichkeit, die an dir soll offenbart werden.
Wird es immer öder und einsamer um dich, immer trüber und freudloser, wird dein Leib immer schwächer und matter unter der Last der Jahre und den Plagen des Lebens, werde nicht mutlos und verzagt, sondern lerne mit dem Apostel zu sagen: „Wir wissen aber, so unser irdisch Haus dieser Hütte zerbrochen wird, dass wir einen Bau haben, von Gott erbauet, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist, im Himmel.“ (2. Korinther 5, 1.)
Und wenn deine Augen im Tode brechen und dein Leib ins Grab gelegt wird, so wissen wir, dass Christus unseren nichtigen Leib verklären wird, dass er ähnlich werde seinem verklärten Leib nach der Wirkung, damit er kann auch alle Dinge ihm untertänig machen.
Unser Wandel ist im Himmel. Das, liebe Geschwister, ist die selige Hoffnung, die alles Erdenleid, alle Bitterkeit des Todes, allen Schrecken des Grabes zu überwinden hilft.
Wie ein Kind, wenn es lange in der Fremde gewesen ist, sich freut, wenn es heimkehrt ins Elternhaus, so sollen auch wir uns freuen auf die Stunde, die uns den Eingang in das himmlische Vaterhaus bringen wird. Dort wird es anders sein als hier. Da wird Freude und Fülle und liebliches Wesen sein zur Rechten Gottes ewiglich. Denn was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott bereitet denen, die ihn lieben. Darum: