Gerechtigkeit durch den Glauben - Teil 4

Die Bedeutung der Ereignisse von 1888 in Zeiten des Wandels

Der Begriff „Christus unsere Gerechtigkeit“ ist in der Geschichte der Adventisten seit jener denkwürdigen Generalkonferenz von Minneapolis 1888 oft verwendet und auch missbraucht worden. In den 120 Jahren seit jener Sitzung sind zahlreiche Ideen über diese Botschaft und auch über ihre Überbringer verbreitet worden. Manche verehrten Alonzo Trevier Jones und Elliot Joseph Waggoner als Propheten, während andere sie als Abtrünnige betrachteten. Bis heute verschlingen einige förmlich jedes Schriftstück, das aus ihrer Feder stammt, gleichsam als eine neue Inspiration des Heiligen Geistes, andere dagegen glauben, ihre Schriften seien gefährlich und  enthielten Irrlehren. Das gilt nicht nur unter Adventisten, sondern innerhalb des gesamten Protestantismus, wenn es um dieses Thema geht. Wenn wir diesen Gegenstand aus der Perspektive früherer Reformatoren, wie z. B. Martin Luther, Johann Calvin oder John Wesley, untersuchen, finden wir die gleiche Einstellung auch bei heutigen Evangelikalen. Bei alledem scheinen sie vergessen zu haben, dass in dem „Protestantismus“ auch das Wort „Protest“ steckt. Stattdessen sind sie mehr daran interessiert, sich mit Rom zu verbünden, als daran, die Botschaft der ersten Reformatoren zu bewahren. In der gesamten Diskussion über dieses wichtige Thema scheint es, als sei der Begriff „Christus unsere Gerechtigkeit“ eher zu einer Art Spielball geworden, statt als die wunderbare Botschaft verkündet zu werden, um die es sich dabei in Wirklichkeit handelt.

In den letzten Jahren schienen die Menschen auf der ganzen Welt von dem Gedanken an Veränderung bezaubert zu sein. 2008 wurde in einer historisch bedeutsamen Wahl ein neuer Präsident gekürt, der auf der ganzen Welt in dieser kritischen Zeit wie ein Heilsbringer gefeiert wurde. Ein Volk, das lange Zeit wegen seiner afrikanischen Herkunft für ein Volk von Sklaven gehalten wurde, hat nun eine der mächtigsten Positionen in der Weltpolitik inne. Die Reaktion der Wirtschaft auf diese Wahl war der größte Anstieg am Börsenmarkt, der jemals nach einer amerikanischen Präsidentschaftswahl verzeichnet wurde. Aber um die Wankelmütigkeit der Wirtschaft zu zeigen: Nur einen Tag später kam es zum größten Börsenabsturz aller Zeit nach einer Wahl.

Welche Verbindung erkennen wir zur Botschaft „Christus unsere Gerechtigkeit“, die den leitenden Adventisten vor über 120 Jahren von zwei relativ jungen Predigern vorgelegt wurde, wenn wir sehen, wie die Weltwirtschaft mit der größten Wirtschaftsmacht an der Spitze Richtung Abgrund trudelt?

Gerechtigkeit

Das Ziel dieser Botschaft ist nichts anderes als die Zubereitung eines gerechten und heiligen Volkes. Wenn wir die Gnade Gottes durch unseren Heiland annehmen, werden wir von unserem früheren sündigen Leben befreit.

„Denn nun ihr frei geworden seid von der Sünde, seid ihr Knechte der Gerechtigkeit geworden.“ (Römer 6, 18.) Im fleischlichen Herzen führt die Vorherrschaft des menschlichen Verstandes zum Untergang. Aber durch diesen Wandel wird die Gerechtigkeit zum neuen Dreh- und Angelpunkt des Wesens. „Auf dass, gleichwie die Sünde geherrscht hat zum Tode, also auch herrsche die Gnade durch die Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesum Christum, unsern Herrn.“ (Römer 5, 21.) Das ist die wahre Veränderung, die die USA ebenso wie die gesamte Welt nötig haben. Diese wahre Befreiung verwandelt das einstmals sündige Leben in das Leben eines heiligen Wesens. „Wer die Gerechtigkeit tut, ist gerecht, gleichwie er gerecht ist.“ (1. Johannes 3, 7 Elberfelder Übersetzung.)

Das bedeutet: Das Ziel der Botschaft „Christus unsere Gerechtigkeit“ ist es, einen Charakter wie den Charakter Christi hervorzubringen. Wenn wir eine Botschaft annehmen, die uns durch ihre Lehren nicht gerecht macht, dann handelt es sich dabei um eine Irrlehre.

„Hieran sind offenbar die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels. Jeder, der nicht Gerechtigkeit tut, ist nicht aus Gott, und wer nicht seinen Bruder liebt.“ (1. Johannes 3, 10 Elberfelder Übersetzung.) Niemand kann rechtmäßig behaupten, zu Gott zu gehören, und dann gerade entgegen seinem Willen handeln. „Wie der Menschensohn in seinem Leben vollkommen war, so sollen auch seine Nachfolger in ihrem Leben vollkommen sein.“ – Reflecting Christ, S. 24.

Dabei geht es nicht um eine erzwungene Unterwerfung unter den Willen Gottes. Unser Schöpfer wünscht sich seit jeher freiwilligen Gehorsam. Auch zur Zeit des Alten Testaments, als er voller Erhabenheit seinen Willen auf dem Gipfel des Berges Sinai verkündete, wollte er nicht nur eine rein verstandesmäßige Zustimmung erreichen: Es ging ihm um das Herz der Kinder Israel. „Ach dass sie ein solch Herz hätten, mich zu fürchten, und zu halten alle meine Gebote ihr Leben lang, auf dass es ihnen wohl ginge und ihren Kindern ewiglich!“ (5. Mose 5, 26.) „Es ist nicht Christi Aufgabe, jemanden zu zwingen, ihn anzunehmen; es sind vielmehr Satan und seine Helfer, die das Gewissen zu zwingen suchen. Unter dem Vorwand, für Gerechtigkeit zu eifern, bringen Menschen, die sich mit bösen Engeln verbunden haben, Leid und Schmerz über ihre Mitmenschen, um sie zu ihren religiösen Anschauungen zu ‚bekehren‘. Christus aber übt Barmherzigkeit und sucht durch die Offenbarung seiner Liebe Menschen zu gewinnen. Er duldet keinen Mitbewohner im Herzen, er nimmt auch keine geteilte Gabe an, sondern wünscht freiwilligen Dienst, die willige Übergabe des Herzens an die Herrschaft der Liebe. Nichts kennzeichnet unter uns deutlicher den Geist Satans als die Neigung, denen zu schaden und Verderben zu wünschen, die unsere Aufgabe nicht zu würdigen wissen oder die unseren Auffassungen entgegenhandeln.“ – Das Leben Jesu, S. 483.

Die Verwirklichung

Bevor es zu einer Veränderung kommen kann, muss man seinen wahren, sündigen Zustand erkennen. Solange ich noch glaube, ich sei gut genug, kann kein grundlegender Wandel erfolgen. Das ist die größte Schwierigkeit bei jemandem, der sich im Laodizea-Zustand befindet.

„Du sprichst: Ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts! und weißt nicht, dass du bist elend und jämmerlich, arm, blind und bloß.“ (Offenbarung 3, 17.) Wir laufen Gefahr, uns im geistlichen Sinne für gesund zu halten, während in Wirklichkeit nicht ein einziger Funken Gerechtigkeit in uns ist.
Verstehen wir wirklich unsere natürliche, menschliche Lage? „Wie denn geschrieben steht: Da ist nicht, der gerecht sei, auch nicht einer.“ (Römer 3, 10.) Der Gedanke, dass unser Zustand „gut genug“ ist, entspricht nicht annähernd der Wahrheit. Wir können es nicht einmal ansatzweise selbst schaffen: Wir sind vollkommen verdorben und unfähig. Das ist eine treffende Beschreibung unserer menschlichen Natur. „Es ist das Herz ein trotzig und verzagtes Ding; wer kann es ergründen?“ (Jeremia 17, 9.) Waren wir jemals so weit, zu erkennen, dass diese Worte uns selbst beschreiben? Wenn nicht, befinden wir uns in einem äußerst bedenklichen Zustand; denn wir sind verlorene Wesen, die einen Erlöser brauchen. Es ist egal, wie lange wir schon zur Gemeinde gehen oder sogar aktive Glieder sind – ja sogar, ob oder wie lange wir Prediger oder Bibelarbeiter sind.

„Der größte Triumph, den uns die Religion Christi verleiht, ist die Kontrolle über uns selbst. Unsere natürlichen Neigungen müssen unter Kontrolle gebracht werden. Nur wenige erkennen, was das bedeutet. Sie kennen ihre eigene Schwäche nicht, und die sündige Natur des menschlichen Herzens lähmt oft die besten Bestrebungen. Wir müssen aus der Welt herauskommen und Gottes Nähe suchen, wenn wir als Kinder in die Familie des Königs des Universums aufgenommen werden wollen. Wir müssen im Glauben wandeln. Wenn wir den Willen Gottes tun, dann werden wir die wahre Lehre erkennen. Unsere Füße werden auf den Felsen der ewigen Wahrheit gestellt werden, und die Zweifel und der Skeptizismus dieses ungläubigen Zeitalters werden uns nicht fortschwemmen können“ – The Signs of the Times, 30. Dezember 1886.

Der ganze Zweck dieser Botschaft ist die folgende Erkenntnis: „Was ist Rechtfertigung durch den Glauben? Es ist das Werk Gottes, die Herrlichkeit des Menschen in den Staub zu legen und das für den Menschen zu tun, was er in eigener Kraft nicht für sich selbst tun kann.“ – Zeugnisse für Prediger, S. 394.

Können wir uns heute vorstellen, dass zwei junge Prediger mit der Botschaft zur Generalkonferenz kommen, dass viele Brüder in leitender Position in einer hoffnungslosen Lage sind und einen Heiland brauchen? Die meisten unserer heutigen Glaubensbrüder würden solch eine Botschaft nur schwerlich annehmen.. Aber genau das geschah 1888. Wir tun uns leicht, die damaligen adventistischen Leiter für ihre ablehnende Haltung zu verurteilen; aber sind wir etwa eher bereit, eine Botschaft anzunehmen, die sagt, wir als langjährige Reformer bräuchten mehr von Jesus?

„In seiner großen Barmherzigkeit sandte der Herr seinem Volk durch die Ältesten Waggoner und Jones eine sehr kostbare Botschaft. Diese Botschaft war dazu bestimmt, den erhöhten Heiland in hervorragender Weise vor der Welt kundzutun – das Opfer für die Sünden der ganzen Welt. Sie zeigte die Gerechtigkeit durch den Glauben an die Bürgschaft; sie lud die Menschen ein, die Gerechtigkeit Christi anzunehmen, die im Gehorsam zu allen Geboten Gottes offenbar wird. Viele hatten Jesum aus den Augen verloren. Es war notwendig, dass ihre Blicke auf seine göttliche Person, auf seine Verdienste und seine unveränderliche Liebe zur menschlichen Familie gelenkt wurden.“ – Zeugnisse für Prediger, S. 75.

Bedenkt, dass diese Aussage sich auf eine laufende Sitzung der Generalkonferenz bezieht. Die hier angesprochenen Menschen sind Prediger und andere verantwortliche Leiter, die als Abgeordnete dabei waren. Warum glaube gerade ich, der ich zu Zeit Laodizeas lebe, dass ich gut genug für das Himmelreich bin?

Heute stoßen wir auf zwei gleichermaßen gefährliche Einstellungen, die es auch schon zur Zeit Jesu gab. Die erste ist ein pharisäischer Konservativismus. Die Pharisäer dachten, zur Erlösung sei nichts weiter notwendig als ein verstandesmäßiges Einverständnis mit den strengsten Lehren der Wahrheit. „Die größte Täuschung der Menschenherzen zur Zeit Christi war die Ansicht, dass die Gerechtigkeit in der bloßen Zustimmung zur Wahrheit bestände.“ – Das Leben Jesu, S. 298. Aufgrund dieses Glaubens bezeichnete Jesus sie als Heuchler, die vom Himmelreich weit entfernt waren. Darum sagte Jesus: „Es sei denn eure Gerechtigkeit besser als der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ (Matthäus 5, 20.) Ihre Art der Gerechtigkeit war nicht ausreichend, um ihnen das ewige Leben zu verschaffen. Eine weihevolle Einstellung selbst gegenüber der reinsten Wahrheit reicht nicht aus, um uns selig zu machen. Was uns wirklich Not tut, ist ein geheiligtes Leben.

Auf der anderen Seite gab es den Liberalismus der Sadduzäer. Sie behaupteten, die gesamte Heilige Schrift müsse geistlich interpretiert werden, und man müsse kein gerechtes Leben führen, um sich Gottes Segnungen zu sichern. Diese Gruppe betrachtet die Botschaft von 1888 als eine Philosophie, die ihnen die Freiheit verleiht, das Gesetz zu übertreten, ohne dass sie negative Folgen in diesem oder gar im zukünftigen Leben zu fürchten hätten. Pharisäer und Sadduzäer bieten einen interessanten Vergleich. Damals vertraten sie ihre Position in privaten wie öffentlichen Streitgesprächen. Sie waren sich in keinem einzigen Punkt einig. Doch schließlich  fanden sie doch einen Punkt, bei dem sie übereinkommen konnten. Sie vereinten ihre Kräfte, um Jesus ans Kreuz zu bringen.

Aber warum? Warum bildeten sie eine so ungleiche Koalition gegen den, der so mächtige Wunder wirkte und beim Volk so beliebt war? Weil er ein gerechtes Leben führte. „Nun aber sucht ihr mich zu töten, einen solchen Menschen, der ich euch die Wahrheit gesagt habe, die ich von Gott gehört habe. Das hat Abraham nicht getan.“ (Johannes 8, 40.) Jesus verkündete die Wahrheit nicht nur in Worten, wie die Pharisäer es oft taten. „Denn dazu seid ihr berufen; sintemal auch Christus gelitten hat für uns und uns ein Vorbild gelassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen; welcher keine Sünde getan hat, ist auch kein Betrug in seinem Munde erfunden.“ (1. Petrus 2, 21. 22.)

Sein Charakter war das Motiv ihres Hasses. Sowohl Pharisäer als auch Sadduzäer lebten in Übertretung des Gesetzes Gottes. Die einen lebten in offener Übertretung, die anderen führten ein heuchlerisches Doppelleben.

Die Botschaft „Christus unsere Gerechtigkeit schneidet sowohl den Konservativen als auch den Liberalen im heutigen Christentum ins Fleisch. Jesus interessiert sich nicht für irgendein Etikett. Viel mehr interessiert er sich für einen umgewandelten Charakter, der für die Gemeinschaft mit den Engeln bereit ist, und für Erben, die mit ihm auf dem Thron sitzen (siehe Offenbarung 3, 21).

Das Gesetz durch Jesus erkennen

Wie können wir, die wir von Natur aus und durch eigene Entscheidungen Sünder sind, uns so sehen, wie Gott uns sieht? Wir alle haben die Neigung, uns mehr oder weniger als gute Menschen zu sehen. Wegen dieser Wertung, die wir uns selbst zusprechen, ist es Gott unmöglich, einen normalen Menschen durch logische Argumentation und Überzeugung zu erlösen. „Kann auch ein Mohr seine Haut wandeln oder ein Parder seine Flecken? So könnt ihr auch Gutes tun, die ihr des Bösen gewohnt seid.“ (Jeremia 13, 23.) Die menschliche Denkweise ist auf das Wirken einer übernatürlichen Macht angewiesen.
Als Christen bekennen wir durch unsere Glaubenszugehörigkeit verstandesmäßig alle, dass wir Jesus brauchen. Wir sagen, dass die Welt Jesus braucht. Aber was meinen wir mit „Jesus“?
Wir meinen ihn als Person und bitten die Menschen, Jesus als persönlichen Heiland anzunehmen. Wir sprechen in theologischen Konzepten über ihn, wenn wir seine Präexistenz und sein ewiges Wesen beschreiben. Doch all dieses Gerede verschafft uns keine wahre, tiefe Erkenntnis unserer verdorbenen menschlichen Natur.

Es gibt einen Bibelvers, der uns hier die richtige Sichtweise vermittelt: „Das Gesetz des Herrn ist vollkommen und erquickt [King James Version: bekehrt] die Seele.“ (Psalm 19, 8.) Kann das Gesetz wahre Bekehrung bewirken? Innerhalb der Adventbewegung haben wir viel vom Gesetz gehört und beginnen zu glauben, dass die Botschaft von 1888 das Predigen des Gesetzes verwirft. Es stimmt, dass das Gesetz in der Adventbewegung vor 1888 falsch angewendet wurde. Wir können uns auch an die Worte der Prophetin dieser letzten Tage erinnern, als sie von der Erfahrung unserer Vorfahren sprach: „Wir als Volk haben das Gesetz gepredigt, bis wir trocken waren wie die Berge von Gilboa, auf denen es weder taute noch regnete.“ – The Review and Herald, 11. März 1890. Viele von uns kennen diese Aussage nur zu gut. Aber wissen wir auch, dass der darauf folgende Satz diesen Gedanken ins rechte Licht rückt? „Wir müssen Christus im Gesetz predigen; dann wird unsere Predigt Lebenskraft und Speise für die hungernde Herde Gottes enthalten.“ – The Review and Herald, 11. März 1890.

Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass wir den Menschen die Wahrheit predigen, damit diese die Erlösung annehmen. Diese Wahrheit ist nichts anderes als Jesus Christus selbst. „Jesus spricht…: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“ (Johannes 14, 6.) Ist es möglich, Jesus und die Wahrheit vom Gesetz Gottes zu trennen?
„Deine Gerechtigkeit ist eine ewige Gerechtigkeit, und dein Gesetz ist Wahrheit.“ (Psalm 119, 142.) Wer ist dieser Jesus eigentlich, und worum geht es bei der Predigt von der Gerechtigkeit durch den Glauben? „[Viele] sind nicht bereit, ihre Selbstgerechtigkeit, die in Wirklichkeit Ungerechtigkeit ist, gegen die Gerechtigkeit Christi einzutauschen, die in reiner und unverfälschter Wahrheit besteht.“ – Zeugnisse für Prediger, S. 52.

Wenn wir vom Gesetz sprechen, ohne es mit Christus zu verbinden, verfehlen wir das Ziel der Erlösungsbotschaft in jeder Hinsicht. Wenn wir aber andererseits das Gesetz aus unseren Lehren herauslassen, können wir nicht einer einzigen Seele Erlösung bringen, denn das Gesetz, wie es durch Jesus offenbart wurde, ist das, was die Seele bekehrt. „Ohne das Gesetz hat der Mensch keinen richtigen Begriff von der Reinheit und Heiligkeit Gottes oder von seiner eigenen Schuld und Unreinheit. Er ist von der Sünde nicht wirklich überzeugt und fühlt nicht das Verlangen, zu bereuen. Da er seinen verlorenen Zustand als Übertreter des Gesetzes Gottes nicht erkennt, ist er sich nicht bewusst, dass er des versöhnenden Blutes Christi bedarf. Die Hoffnung des Heils wird ohne eine gründliche Umgestaltung des Herzens oder Änderung des Lebenswandels angenommen. Auf diese Weise gibt es viele oberflächliche Bekehrungen, und ganze Scharen schließen sich der Kirche an, die nie mit Christus vereint worden sind.“ – Der große Kampf, S. 468.
Was geschieht mit einer unbekehrten Seele, sei es in der Gemeinde oder unter Ungläubigen, wenn sie hört, wie das Gesetz (wie es in Christus ist) gelehrt wird? „So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber aus dem Wort Gottes.“ (Römer 10, 17.) Könnt ihr euch das vorstellen? Der Eingang in den Glauben erfolgt vermittels des Wortes Gottes. Dieses Wort hat die Macht, aus einer sündigen Seele einen Heiligen zu machen, aus jemandem ohne jegliche Gerechtigkeit jemanden, der den Charakter Christi vollkommen widerspiegeln kann. Durch das Studium und das Verständnis des Wortes Gottes (also nichts anderes als die Offenbarung des Gesetzes Gottes) ist dieser Sieg möglich. „Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ (1. Johannes 5, 4.)
Warum ist ein so grundlegender Wandel durch das Studium des Gesetzes Gottes möglich, wie es durch Jesus, das Wort, offenbart ist? „Schauen wir mit Augen des Glaubens beständig auf Jesus, dann werden wir stark werden. Gott wird seinem hungernden und dürstenden Volk die herrlichsten Offenbarungen schenken und es erfahren lassen, dass Christus ein persönlicher Erlöser ist. Alle, die sein Wort in sich aufnehmen, merken bald, dass es Geist und Leben ist. Das Wort überwindet die irdische Natur und verleiht in Jesus Christus neues Leben. Der Heilige Geist naht sich der Seele als Tröster. Durch die umwandelnde Kraft seiner Gnade wird das Ebenbild Gottes in dem Jünger hergestellt; er wird eine neue Kreatur.“ – Das Leben Jesu, S. 383.

Wünschst du dir diese Art Veränderung auch in deinem Leben? Bist du bereit, entschlossen danach zu streben, den Charakter Gottes durch tägliches sorgfältiges Studium seines Wortes zu verstehen?

Teilhaber der göttlichen Natur

So wichtig das Bibelstudium in den Wirren des 21. Jahrhunderts auch sein mag: Das allein kann uns nicht die Erlösung verschaffen. Die verschiedenen religiösen Leiter zur Zeit Christi lasen allesamt die Heilige Schrift.

„Suchet in der Schrift; denn ihr meinet, ihr habet das ewige Leben darin; und sie ist’s, die von mir zeuget.“ (Johannes 5, 39.) Man könnte im ersten Teil auch lesen: „Ihr suchet in der Schrift.“ Sie forschten in der Bibel, weil sie glaubten, dass sie durch das Studium allein ewige Seligkeit erlangen könnten. Aufgrund ihres Studiums aber verwarfen sie gerade den, auf den die Schrift hinwies. Wie kam es, dass all ihr Forschen ihnen nichts half? Warum war es vergebens?

Können wir sorgfältige Erforscher der Schrift sein und trotzdem zu den falschen Schlussfolgerungen gelangen? Tatsächlich ist unsere Einstellung, mit der wir uns an das Bibelstudium machen, von entscheidender Bedeutung für ein richtiges Verständnis. „Der Geist, mit welchem ihr an die Untersuchung der Schrift herangeht, entscheidet über die Natur des Helfers, der euch zur Seite steht.“ – Zeugnisse für Prediger, S. 89.

Mit welcher Einstellung studieren wir die Bibel? Was ist die richtige Einstellung beim Bibelstudium, wenn es uns zur Seligkeit bringen soll? Ein bekannter Ausspruch Christi verschafft uns da einen guten Einblick: „So jemand will des Willen tun, der wird innewerden, ob diese Lehre von Gott sei, oder ob ich von mir selbst rede.“ (Johannes 7, 17.) Die Bereitschaft, Gott zu gehorchen, führt zur Seligkeit als Folge des Bibelstudiums und hilft uns dabei, in unserem Studium die richtigen Schlüsse zu ziehen. Diese Bereitschaft zum Gehorsam wird auch als vollständige, vorbehaltlose Unterstellung unter den niedergeschriebenen Willen Gottes beschrieben: „So seid nun Gott untertänig.“ (Jakobus 4, 7.)

Was geschieht mit uns, wenn wir unseren Willen wirklich dem Willen Gottes unterstellen, wie wir ihn auf den Seiten der inspirierten Schriften wiederfinden? Wie entwickelt sich unsere Beziehung zum Gesetz Gottes? „Das Gesetz ist ein Ausdruck der Gedanken Gottes. Wird es in Christus angenommen, wird es auch in unser Herz Eingang finden. Seine Gebote erheben uns über die Macht der natürlichen Wünsche und Neigungen und über die Versuchungen, die zur Sünde verleiten.“ – Das Leben Jesu, S. 296.

Könnt ihr euch vorstellen, dass eure natürliche Neigung so verändert wird, dass ihr in der Versuchung lieber den Willen Gottes tut? Das ist der wahre Erlösungsplan, mit dem sowohl die konservativen als auch die liberalen Gläubigen nicht im Einklang stehen. So kommt es zu wahrem Gehorsam.
Warum möchte Gott mehr an uns ändern als nur die äußerlich sichtbaren Handlungen? „Aller wahre Gehorsam entspringt dem Herzen. Auch bei Christus war er eine Herzenssache. Wenn wir mit ihm übereinstimmen, wird Christus sich so mit unseren Gedanken und Zielen identifizieren und unsere Herzen und Sinne so mit seinem Willen verschmelzen, dass wir, wenn wir ihm gehorsam sind, unsere eigenen Absichten verwirklichen… Durch die Wertschätzung des Wesens Christi, durch die Verbindung mit Gott würde uns die Sünde verhasst werden.“ – Das Leben Jesu, S. 666.

Wir brauchen die Erfahrung Jesu von der Krippe bis zum Kreuz. Er hasste die Sünde so sehr, dass er sich durch nichts umstimmen ließ, nicht einmal durch den grausamen Kreuzestod.
Warum ist diese Bereitschaft zum Gehorsam so einschneidend in unserem Leben? Warum verändert sie unsere Neigungen und Vorlieben? Die Wurzel all dessen findet sich in einem kleinen Buch des Neuen Testaments. „Durch welche uns die teuren und allergrößten Verheißungen geschenkt sind, nämlich dass ihr dadurch teilhaftig werdet der göttlichen Natur, so ihr fliehet die vergängliche Lust der Welt.“ (2. Petrus 1, 4.) Dieser Vers sagt uns: Wenn wir die kostbaren Verheißungen in der Schrift durch vollkommene Übergabe annehmen, dann werden wir in Wahrheit Teilhaber der göttlichen Natur.

Als Jesus in diese Welt kam, kleidete er „seine sündlose Natur mit unserer sündigen Natur, damit er denen beizustehen wüsste, die versucht werden.“ – Medical Ministry, S. 181. Durch die Vereinigung dieser beiden Naturen war er in der Lage, in dieser verdorbenen Welt den Sieg zu erringen. „Die Menschlichkeit Christi allein hätte diese Prüfung [des Appetits in der Wüste] niemals ertragen können; doch seine göttliche Macht errang in Gemeinschaft mit der Menschlichkeit einen unendlich wertvollen Sieg zum Wohl aller Menschen.“ – The Review and Herald, 13. Oktober 1874.

Das menschliche Element kann allein unmöglich siegen. Es kennt nichts als Niederlagen. Aber wenn wir Gott unseren Willen dadurch übergeben, dass wir uns seinem geschriebenen Willen unterstellen, haben wir teil an etwas Übernatürlichem. Wir haben teil an seiner göttlichen Natur, und wir werden den Sieg davontragen. All das befindet sich in unserer Reichweite. „Das Leben Christi beweist, wie viel der Mensch vermag, wenn er Teilhaber der göttlichen Natur ist. Alles, was Christus von Gott empfing, können auch wir haben.“ – Christi Gleichnisse, S. 101.

Als Nikodemus eines Nachts zu Jesus kam, gedachte er eine intellektuelle Diskussion zu führen, die Jesu Autorität als Lehrer erweisen sollte. Doch der Heiland berührte das wahre Bedürfnis seiner Seele. Er brauchte keine philosophische Diskussion. Die erlebte er bereits, wenn er den Streitereien der Pharisäer und Sadduzäer zuhörte. Was er brauchte, war ein neuer Grundsatz, der sein Leben veränderte, sobald er in ihm verankert war. „Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand von Neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen… Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“ (Johannes 3, 3. 5.)

Was ist nun diese Neugeburt? „Christus brachte seine Göttlichkeit, verschleiert durch seine Menschlichkeit, mit auf diese Erde, um den Menschen aus seiner hoffnungslosen Lage zu retten. Die menschliche Natur ist befleckt, und der Charakter des Menschen muss verändert werden, bevor er in Einklang mit all dem Reinen und Heiligen im Reich Gottes kommen kann. Diese Umwandlung ist die Neugeburt.“ – The Spirit of Prophecy, Bd. 2, S. 133.

Als Jesus auf diese Welt kam, wurde er durch den Heiligen Geist gezeugt. Wenn wir als sündige menschliche Wesen unser Bedürfnis begreifen, müssen auch wir aus demselben Heiligen Geist wiedergeboren werden. Erst wenn wir den Heiligen Geist empfangen, erst wenn wir Teilhaber der göttlichen Natur sind, erst dann können wir der Verdorbenheit in dieser Welt entfliehen, die so sehr mit unserer menschlichen Natur verflochten ist.

Siegreich in Jesus

Soweit wir bisher gesehen haben, müssen wir uns selbst so sehen, wie Gott uns sieht, damit unserer Seele Erlösung zuteil werden kann. Dies kann nur durch ein verständiges Begreifen des Gesetzes Gottes geschehen, wie wir es durch die Verdienste unseres Heilands Jesus Christus erkennen. Wir haben ebenfalls gesehen, dass wir durch vollständige Übergabe an den niedergeschriebenen Willen Gottes zu Teilhabern der göttlichen Natur werden und die Kraft erhalten, die für den Sieg über die Sünde in unserem Leben nötig ist. Aber um ein Überwinder zu werden und auf ewig bei Jesus bleiben zu können, ist noch etwas notwendig, damit die Botschaft von 1888 mehr als nur eine Theorie ist.

Nachdem der Apostel uns aufgerufen hat, Gott untertänig zu sein, fährt er mit dem Rest unserer Pflicht fort: „Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch.“ (Jakobus 4, 7.) Erst nachdem wir Teilhaber der göttlichen Natur geworden sind, besitzen wir die nötige Stärke, um den uns begegnenden Versuchungen zu widerstehen. „Der Versuchung zu widerstehen, ist Sache des Menschen; die Kraft dazu muss er aber von Gott nehmen.“ – Das Wirken der Apostel, S. 477.

Der wahre Kampf dreht sich um die Kontrolle des menschlichen Verstands. Gott möchte deinen Verstand haben; und sobald unser Wille auf seiner Seite steht, erringen wir den Sieg. „Wir zerstören damit die Anschläge und alle Höhe, die sich erhebt wider die Erkenntnis Gottes, und nehmen gefangen alle Vernunft unter den Gehorsam Christi.“ (2. Korinther 10, 5.) „Die Reinigung der Gedanken ist die erste Aufgabe derer, die sich reformieren wollen. Wenn der Geist in eine lasterhafte Richtung abgelenkt wird, muss er gezügelt werden, um allein bei reinen und erhebenden Gegenständen zu verweilen. Wenn ihr versucht werdet, der verdorbenen Vorstellung nachzugeben, dann flieht zum Thron der Gnade und bittet um Kraft vom Himmel. Unser Denken kann in der Kraft Gottes zu gehorsamer Unterordnung gebracht werden, um bei Dingen zu verweilen, die rein und himmlisch sind.“ – Ein ernster Aufruf, S. 30.

„Ich möchte wie Jesus sein“

Möchtest du wie Jesus werden? Wenn wir danach trachten, die Wahrheit zu verstehen, dürfen wir nicht nur auf ein rein theologisches Verständnis achten, sondern Jesus Christus muss uns offenbar werden. Vor über hundert Jahren schrieb darüber hinaus die Prophetin: „Die Welt bedarf heute, was sie vor neunzehnhundert Jahren bedurfte – einer Offenbarung Christi.“ – In den Fußspuren des großen Arztes, S. 147.

Wie können wir das erreichen? Wir dürfen nicht nur um des bloßen Verständnisses willen studieren, sondern um Jesus zu erkennen. Wir können Jesus nicht beschreiben. Aber wir können ihn erfahren. Unter dem Einfluss der Inspiration konnte der Jünger, den Jesus liebte, am Ende seines Lebens schreiben: „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, dass wir Gottes Kinder sollen heißen! Darum kennt euch die Welt nicht; denn sie kennt ihn nicht.“ (1. Johannes 3, 1.)

Was wird in unserem Leben geschehen, wenn wir Jesus wirklich erkennen? „Wenn der Sünder einen klaren Blick auf die unvergleichliche Anmut Jesu hat, erscheint ihm die Sünde nicht länger anziehend.“ – Reflecting Christ, S. 76.

Das ist der Zweck der Botschaft von 1888. Sind wir heute bereit, diese Botschaft anzunehmen und unser Leben ganz dem Willen und Walten unseres Schöpfers und Erlösers zu überlassen?

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